Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gilt vollständig ab dem 28. Juni 2025. Ob deine Webseite davon betroffen ist und ob du Maßnahmen ergreifen musst, erfährst du in diesem Artikel.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Er dient lediglich zur Aufklärung und Informationsbereitstellung. Bitte kontaktiere für rechtliche Fragen einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Wann gilt eine Webseite als barrierefrei?
Laut §3 Absatz 1 BFSG gelten Produkte oder Dienstleistungen als „barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.“
Kurz gesagt, die Webseite muss für Personen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust nutzbar sein. Diese vier Prinzipien sind in den „Four Principles of Accessibility“ des W3C zu finden.
Eine Webseite muss alle vier Kriterien erfüllen, um als barrierefrei zu gelten!
Für wen spielt Barrierefreiheit im Internet eine wichtige Rolle?
Vorrangig profitieren natürlich Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung von Barrierefreiheit im Netz. Denn viele Webseiten sind standardmäßig nicht für eine barrierefreie Nutzung optimiert.
Alleine in Deutschland gibt es laut einem Bericht des Statistischen Bundesamtes etwa 7,9 Millionen Schwerbehinderte, was auf die Gesamtbevölkerung betrachtet 9,3% ausmacht. Erwägt man eine weitläufigere Betrachtung und bezieht die deutschsprachigen Nachbarländer mit ein, dann steigt diese Zahl natürlich noch einmal deutlich.
Diese Statistik zeigt, dass fast jeder zehnte Mensch in Deutschland von barrierefreien Webseiten profitieren würde. Im Umkehrschluss bedeutet das für dich als Websiteinhaber, dass 10% deiner Websitebesucher (möglicherweise) nichts über dich und dein Unternehmen erfahren können, da sie deine Seite nicht richtig benutzen können. Aus einer unternehmerischen Sichtweise ist das natürlich mehr als schlecht, da dir potentielle Kunden entgehen.
Ein barrierefreier Zugang zu Websites ist sowohl für die Betroffenen, als auch für deren Betreiber eine Win-win-Situation.
Welche Produkte sind vom BFSG betroffen?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt dies in §1 Absatz 2 BFSG. Folgende Produkte sind betroffen:
- Smartphones, Mobiltelefone, Computer, Notebooks und Tablets
- Fernseher mit Internetfunktion
- Lesegeräte für E-Books
- Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten (Generell Automaten mit interaktiven Elementen)
- Router
Alle zuvor genannten Produkte müssen bis 28. Juni 2025 den Regelungen des BFSG entsprechen, um weiter verkauft werden zu dürfen.
Welche Dienstleistungen sind vom BFSG betroffen?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt dies in §1 Absatz 2 und 3 BFSG. Folgende Dienstleistungen sind betroffen:
- Telekommunikationsdienste
- E-Books
- auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen (inklusive Apps) im überrregionalen Personenverkehr
- Bankdienstleistungen
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
- Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort-, und Regionalverkehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals)
Wer ist von den Regelungen des BFSG nicht betroffen?
Grundsätzlich ausgeschlossen sind Kleinunternehmen, die weniger als 10 Beschäftigte haben und einen maximalen Jahresumsatz von 2 Millionen € nicht übersteigen. Die Unternehmen sind nicht dazu verpflichet ihre Dienstleistungen barrierefrei anzubieten.
Ausnahme: Stellt ein Kleinunternehmen Produkte her, die unter das BFSG fallen, dann sind diese barrierefrei zu gestalten!
Welche Fristen gelten für das BFSG?
Das BFSG ist ab dem 28. Juni 2025 gültig. Alle betroffenen Produkte, die nach dem Stichtag in Umlauf gebracht werden, müssen den Anforderungen des BFSG entsprechen. Es lohnt sich somit sich rechtzeitig zu informieren, um die Fristen einhalten zu können.
Bestimmte Produkte und Dienstleistungen haben allerdings eine Übergangsfrist und müssen nicht zum Stichtag alle Anforderungen erfüllen. Diese Sonderreglungen sind in §38 BFSG geregelt.
Hat das BFSG Einfluss auf Online-Shops?
Online-Shops fallen auch unter das BFSG, denn laut §1 Absatz 3 Nummer 5 zählen Online-Shops zu „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“.
Ergänzend zu den sonstigen Regelungen müssen Online-Shops bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr folgende Bedingungen erfüllen:
- Bereitstellung von Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf stehenden Produkte und Dienstleistungen, soweit diese Informationen vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur bereitgestellt werden.
- Barrierefreie Gestaltung der Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen, wenn diese nicht in Form eines Produktes, sondern im Rahmen einer Dienstleistung bereitgestellt werden.
Welche Websites fallen unter das BFSG?
Grundsätzlich fallen nur Websites unter das BFSG, wenn diese „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ gemäß §1 Absatz 3 Nummer 5 anbieten. Eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr liegt laut §2 Nummer 26 dann vor, wenn ein Verbrauchervertrag abgeschlossen wird. Ein Verbrauchervertrag wird beispielsweise bei dem Kauf eines Produktes abgeschlossen.
Ebenfalls betroffen vom BFSG sind Websites, die Bankdienstleistungen anbieten. §2 Nummer 24 BFSG besagt, dass dies unter anderem Online-Banking-Dienste sind.
Sind nur B2C- oder auch B2B-Unternehmen von dem BFSG betroffen?
Das BFSG regelt die Anforderungen für Barrierefreiheit bei Produkten und Dienstleistungen die von Verbrauchern genutzt werden. Laut §13 BGB, ist ein Verbraucher „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“ Demnach ist anzunehmen, dass Unternehmen die ausschließlich B2B-Leistungen anbieten nicht von den Vorschriften des BFSG betroffen sind.
Welche Hilfe bekommen Unternehmen und Verbraucher, die Unterstützung mit dem BFSG benötigen?
Haben Unternehmen oder Verbraucher Probleme in Verbindung mit dem BFSG, dann gibt es einige Anlaufstellen, die erste Fragen beantworten können.
Unternehmen können folgende Ressourcen nutzen, um Fragen und Probleme, die das BFSG betreffen, zu lösen:
- „Leitlinien für die Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
- Für Kleinstunternehmen bietet die Bundesfachstelle Barrierefreiheit eine kostenlose Beratung (gemäß §15 BFSG)
- Beschwerdestelle für Verbraucher, die sich über ein nicht barrierefreies Produkt oder eine nicht barrierefreie Dienstleistung beschweren möchten: Schlichtungsstelle BGG.
- Außerdem bekommen Verbraucher und Verbände ein neues Klagerecht zugesprochen, das es den Betroffenen ermöglicht, einen Antrag bei der zuständigen Landesbehörde der Marktüberwachung zu stellen, die sich um die Beseitigung des angezeigten Verstoßes kümmert.